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Die Arbeitskollegin oder der Arbeitskollege trinkt zu viel. Was tun?

Veröffentlicht am 17.07.2017
Die Arbeitskollegin oder der Arbeitskollege trinkt zu viel. Was tun?
Der Kollege im Lehrerzimmer hat eine Alkoholfahne. Die Kundenbetreuerin erscheint schon wieder verspätet am Schalter. Die Vermutung, dass ein Arbeitskollege oder eine -kollegin öfters zur Flasche greift oder vielleicht sogar alkoholabhängig ist, kann für die Mitarbeitenden belastend sein. Das Problem anzusprechen und allenfalls professionelle Hilfe hinzuzuziehen, kann eine Chance für den Betroffenen sein.
von Manuela Perrinjaquet

Alkoholprobleme entwickeln sich schleichend und bleiben oft über Jahre unbemerkt. Wenn der problematische Konsum aber anhält, verschlechtert sich mit der Zeit die Arbeitsleistung. Stimmungsschwankungen, ungepflegtes Auftreten oder öftere Absenzen können Anzeichen für eine zunehmende Abhängigkeit sein. Trinkt der Kollege bei Anlässen regelmässig zu viel? Zieht sich die Kollegin immer öfters zurück? Das fällt auf – Arbeitskollegen sind besorgt und wollen helfen. Doch wie sollen sie das tun?
 
Falsch gemeinte Solidarität
Mitarbeitende erbringen bei Alkohol- und anderen Suchtproblemen nur drei Viertel ihrer Leistung. Sie sind vier Mal mehr in Unfälle verwickelt als andere und drei Mal so häufig krank. Das kann für Kolleginnen und Kollegen zu Mehrbelastung führen, denn sie nehmen den Menschen, bei denen sie ein Alkoholproblem vermuten, die Arbeit ab. Oder sie übernehmen sogar die Verantwortung für Fehlleistungen, um Betroffene zu decken.
So wird für sie selbst die Belastung immer grösser. Doch die Mitarbeitenden sind nicht dafür verantwortlich, die Alkoholprobleme ihrer Arbeitskollegen zu lösen. Auch ist diesen nicht geholfen, wenn andere den missbräuchlichen Alkoholkonsum «ausbaden». Dann gibt es für die Betroffenen keine Veranlassung oder Grund ihr Trinkverhalten zu ändern.
 
Das Schweigen brechen
Es braucht Mut, jemanden anzusprechen, bei dem man Alkoholprobleme vermutet. Denn es möchte sich niemand in die privaten Angelegenheiten der Kollegen einmischen. Die Erfahrung zeigt aber, dass viele Menschen später erleichtert sind, dass endlich jemand das Schweigen gebrochen hat. Es eröffnet ihnen nämlich die Chance, das Problem trotz aller Befürchtungen anzugehen.
 
Was tun als Kollegin und Kollege?

Betroffene Personen sollen unter vier Augen angesprochen werden, und ihnen soll die Sorge mitgeteilt werden, was man seit Längerem beobachtet:
«Ich merke, dass du im letzten halben Jahr oft traurig bist. Und letzthin hast du am Betriebsfest gar viel getrunken. Auch am Feierabend sehe ich dich oft eins über den Durst trinken. Das macht mir Sorgen. Was kann ich für dich tun?» Oder: «Ich sehe, dass du oft zu spät zur Arbeit kommst, und manchmal rieche ich Alkohol. Ich mache mir Sorgen, was kann ich für dich tun?»
Kolleginnen und Kollegen können die Person direkt unterstützen, indem sie zuhören und sie ermutigen, sich Hilfe zu holen. Auch können ihnen Broschüren von Anlaufstellen ausgehändigt werden, oder man stellt sich zur Verfügung, mit der Chefin das Gespräch zu suchen. Letztlich aber liegt die Entscheidung, etwas zu verändern, bei der betroffenen Person.
 
Verantwortung abgeben
Wenn der betroffene Kollege oder die betroffene Kollegin trotz allem nichts unternimmt, ist für die Mitarbeitenden, auch um sich selbst zu entlasten, der Weg zum Vorgesetzten oder Personalchef angesagt. Den meisten Arbeitgebern ist die Gesundheit ihrer Angestellten wichtig, und eine fristlose Kündigung erfolgt in der Regel erst, wenn alle ergriffenen Massnahmen nichts nützen.
 
Präventionsprogramm im Betrieb
Im Idealfall besteht im Betrieb ein Alkoholpräventionsprogramm, in dem der Umgang mit alkoholkranken Mitarbeitenden geregelt ist. Je früher gehandelt wird, umso grösser ist die Chance für ­Betroffene und ihre Familien, gemeinsam mit den Personalverantwortlichen und/oder Vorgesetzten einen gangbaren Ausweg zu finden. Dafür können sie auch die Beratungsangebote verschiedener Alkohol- und Suchtberatungsstellen in Anspruch nehmen.
 
Manuela Perrinjaquet ist Sozialpädagogin FH und Ansprech­person bei der Alkoholberatung des Blauen Kreuzes Graubünden.
 
Alkoholprobleme im Betrieb?
Besorgte Mitarbeitende und Vorgesetzte finden bei der Alkoholberatungsstelle des Blauen Kreuzes in Chur kompetente und diskrete Beratung sowie weiterführende Hilfe.
 
Blaues Kreuz Graubünden
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