Chancen und Herausforderungen der Stellensuche für Personen über 50 Jahre
Veröffentlicht am 21.04.2025
Der strukturelle Wandel der Arbeitswelt, technologische Neuerungen, neue Arbeitsmodelle und veränderte Unternehmenskulturen beeinflussen den Arbeitsmarkt und bringen für Arbeitssuchende über 50 Jahre sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich.
von Annette Decurtins, dipl. Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin beim Amt für Berufsbildung Graubünden
Chancen
Mit dem laufenden Ausscheiden der Babyboomer, der geburtenstarken Jahrgänge 1950-1964, aus dem Arbeitsmarkt, gewinnt die Erwerbstätigkeit der über 50jährigen an Bedeutung. Die Erwerbsbevölkerung wird immer älter, während gleichzeitig der Fachkräftemangel in vielen Branchen zunimmt.
Menschen über 50 bringen Jahrzehnte an Berufs- und Lebenserfahrung mit, nicht nur umfangreiches Fachwissen, sondern auch den Umgang mit komplexen Situationen und nachhaltige Problemlösungen. Ihr während der Tätigkeitsjahre aufgebautes Netzwerk wird von Arbeitgebern sehr geschätzt. Nebst fachlichen Qualifikationen zählen Arbeitsmotivation, Leistungsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein und Führungserfahrung als wichtige Kriterien im Rekrutierungsprozess.
Herausforderungen
Trotz wertvoller Erfahrungen begegnen viele über 50jährige immer noch Vorurteilen, etwa der Annahme, sie seien weniger lernbereit oder technologisch nicht so versiert wie Jüngere. Solche Klischees können den Bewerbungsprozess erschweren.
Die fortschreitende digitale Transformation stellt ältere Arbeitnehmende vor die Aufgabe, den Umgang mit neuen Technologien und Softwarelösungen zu erlernen. Eine kontinuierliche Lernbereitschaft im Informatikbereich sowie für andere berufsspezifische Themen ist unerlässlich, um den Anschluss an moderne Arbeitsweisen nicht zu verlieren. Zudem verändern sich die Beschäftigungsmodelle. Teilzeit, projektbasierte Tätigkeiten oder freiberufliche Engagements setzen berufliche Flexibilität voraus, erlauben es aber auch, Beruf und private Interessen besser zu koordinieren.
Ist eine neue Arbeitsstelle in Aussicht, kann ein fürs Erste zu akzeptierender Nachteil sein, dass diese mit einem geringeren Gehalt verbunden ist. Gründe dafür können ein niedrigeres Arbeitspensum, mangelnde Berufserfahrung im neuen Tätigkeitsfeld, fehlende Weiterbildungen oder auch tiefere Mindestlöhne der Branche sein.
Strategien für die Stellensuche
Lebenslanges Lernen: Abgeschlossene Weiterbildungen lassen auf Anpassungsfähigkeit, Neugier, Offenheit und Lernfreude schliessen. Dies signalisiert potenziellen Arbeitgebenden, die Bereitschaft sich kontinuierlich – gerade auch im digitalen Bereich – fortzubilden.
Netzwerkpflege: Ein gutes berufliches und persönliches Netzwerk öffnet häufig Türen zu interessanten Stellenangeboten. Der Austausch im Bekanntenkreis, mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen sowie mit Branchenexpertinnen und Branchenexperten kann wertvolle Hinweise bieten oder als Türöffner für eine neue Stelle dienen.
Positives Selbstbild: In Bezug auf die Stellensuche nimmt die eigene Selbstwirksamkeit im Alter ab. Das Bewusstsein, dass das Alter auch mit Kompetenzen wie Zuverlässigkeit, Stabilität und Führungserfahrung einhergeht, stärkt das Selbstvertrauen. Eine positive Einstellung hilft dabei, Vorurteilen entgegenzuwirken und sich erfolgreich zu präsentieren.
Professionelle Selbstpräsentation: Heutzutage dominieren Online-Bewerbungen und digitale Lebensläufe. Bewerbende sollten ihre umfangreiche Berufserfahrung so aufbereiten, dass sie den modernen Anforderungen gerecht wird, ohne dabei an Authentizität zu verlieren. Ein moderner, übersichtlicher Lebenslauf und ein aktuelles Online-Profil (z. B. auf LinkedIn) können wichtig sein. Es gilt, die eigene langjährige Erfahrung so darzustellen, dass sie den heutigen beruflichen Anforderungen entspricht.
Unterstützung bei der Stellensuche: Die öffentliche oder private Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung unterstützt Personen bei der Standortbestimmung, der Laufbahngestaltung und der Stellensuche.
Die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung des Amts für Berufsbildung Graubünden bietet Laufbahnberatung für alle erwachsenen Personen an. Das Angebot «viamia» richtet sich an über 40jährige: In einem Beratungsgespräch werden eine berufliche Standortbestimmung vorgenommen und Entwicklungsmöglichkeiten besprochen.
Bild: zVg