Was haben Bewerber in Vorstellungsgesprächen von heute zu erwarten und wie sollten sie am besten vorbereitet sein?
Eines war schon immer so und wird auch immer so bleiben: Im Vorstellungsgespräch müssen die Kandidaten in der Lage sein, dem Unternehmen überzeugend darzulegen, welche Erfahrungen und Voraussetzungen Sie für die Stelle mitbringen. Das ist vor allem für diejenigen eine Herausforderung, die nicht gern über sich sprechen und denen es unangenehm ist, ihre eigenen Fähigkeiten herauszustellen. Neben dieser grundsätzlichen Herausforderung, die ein Vorstellungsgespräch mit sich bringt, haben Bewerber auch die folgenden Trends in Vorstellungsgesprächen zu erwarten.
Trend: Vorab-Telefonate und Video-Interviews werden durchgeführt
Vor dem eigentlichen Vorstellungsgespräch lassen viele Unternehmen durch ihre Recruiter Vorab-Telefon-Interviews mit Bewerbern führen, um so schon einmal grob vorsortieren zu können. Aktuell sind auch Video-Interviews mit fortschreitender Technologie immer mehr im Kommen.
Auf ein Video-Interview müssen sich Bewerber ebenso sorgfältig vorbereiten, wie auf ein persönliches Gespräch. Zusätzlich sollten Bewerber unbedingt beachten, dass sie für die Zeit des Interviews wirklich ungestört sind. Zusätzlich gilt es darauf zu achten, dass die Kleidung passt und das Bild nicht zu dunkel oder zu blass rüberkommt. Es ist ein ruhiger Hintergrund zu wählen. Kein Weitblick ins Zimmer, auf eine Bücherwand oder eine Wand voller Bilder.
Trend: Psychologisch geschulte Recruiter sitzen einem gegenüber
Wer lange im selben Job war und sich nach vielen Jahren wieder auf dem Arbeitsmarkt orientiert, findet dort eine ganz andere Realität vor als noch vor einiger Zeit. Nicht nur haben sich die Bewerbungsmethoden geändert, auch die Anforderungen an die Bewerber sind gestiegen.
Vorstellungsgespräche sind trotz Fachkräftemangels komplexer und anspruchsvoller geworden und sind so selbst für gestandene Fachkräfte eine Herausforderung. Mehr denn je müssen Bewerber heute überlegen, mit welchen Kenntnissen, Erfahrungen und persönlichen Stärken sie dem Unternehmen im jeweiligen Aufgabengebiet nutzen können.
In Konzernen sitzt der Kandidat im ersten Gespräch oft einem psychologisch geschulten Recruiter gegenüber. Mit den Fragestellungen dieser Personaler haben Bewerber häufig Schwierigkeiten. Unter anderem kann dabei hilfreich sein zu erfragen, wem man im Gespräch gegenüber sitzen wird.
Trend: Situations- und Verhaltensfragen werden gestellt
Immer häufiger werden in Vorstellungsgesprächen Situations- und Verhaltensfragen gestellt. Damit klopfen Arbeitgeber ab, wie Bewerber sich in typischen Situationen verhalten und wollen so noch besser einschätzen können, ob sie ins Unternehmen passen. Ein Beispiel für eine solche Frage:
„Denken Sie zurück an eine Situation, als Sie eine Aufgabe übernehmen sollten, für die Sie sich überqualifiziert fühlten. Wie haben Sie sich verhalten?“Trend: Einsatz von Persönlichkeitsprofilen, wenig Brainteaser-Fragen
Oft wird heute profilgestützt rekrutiert. D.h. Kandidaten müssen vor, während oder nach dem Vorstellungsgespräch einen Fragebogen ausfüllen. Oft auch online. Basierend auf den gegebenen Antworten wird ein Persönlichkeitsprofil erstellt. Die Bewerber haben ein Recht darauf, die Ergebnisse zu erfahren/erhalten. Gute Recruiter besprechen das Ergebnis mit den Kandidaten. Die gefürchteten „Brainteaser-Fragen“ (Kurze Logik- und Konzentrationsaufgaben) sind schlimmer als ihr Ruf und nicht so weit verbreitet. Zumal deren Nutzen zu diesem Zeitpunkt des Prozesses fragwürdig sind. Trotzdem kann es sein, das Auszubildende und Bewerber in der Beratungsbranche damit konfrontiert werden.
Trend: Präsentationen halten
Immer häufiger verlangen Unternehmen vorbereitete Präsentationen über vorgegebene oder selbst gewählte Themen. Oft erhält man zusammen mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch die Aufforderung, eine Präsentation vorzubereiten. Das Thema wird erst einige Tage vor dem eigentlichen Interviewtermin bekanntgegeben. Ist das Thema frei wählbar, bietet es sich an, etwas zu wählen, dass die persönliche Kompetenz in Bezug zu den Anforderungen der neuen Stelle deutlich zeigt. Ein erfolgreiches Projekt aus den letzten Monaten wäre gut geeignet. Unabdingbar ist eine saubere Aufarbeitung mit entsprechenden Zahlen und Fakten, ebenso wie eine visuell ansprechende Präsentation unter Nutzung moderner Technik.
Trend: ProbearbeitenEine Personalentscheidung ist immer auch eine Investitionsentscheidung und um dabei Risiken zu minimieren lassen gerade kleinere und mittlere Unternehmen immer häufiger Probearbeiten. Beim Probearbeiten will das Unternehmen herausfinden, ob der Bewerber den Anforderungen gerecht wird und wie schnell er sich einarbeiten kann. Für den Bewerber ist es eine gute Möglichkeit das Unternehmen, die Kollegen, die Arbeitsbedingungen kennen zu lernen – und seine Entscheidung zu treffen.
Trotz der besten Vorbereitung und auch wenn man weiss, welche Trends derzeit verfolgt werden: Im Vorstellungsgespräch kann immer mal wieder Unerwartetes passieren. Wichtig dabei ist: „Bleiben Sie immer Sie selbst! Auch Sie entscheiden, ob Sie in dem Unternehmen arbeiten wollen.“
Autor: Claudio Götschi, Verwaltungsratspräsident der MKS AG, Kompetenzzentrum für Marketing und Management, Sargans