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Geschlechterrollen bei der Berufswahl: Ein veraltetes Muster?

Veröffentlicht am 10.08.2024
Geschlechterrollen bei der Berufswahl: Ein veraltetes Muster?
Trotz gesellschaftlicher Fortschritte bestimmen Geschlechterstereotype immer noch häufig die Berufswahl: Frauen und Männer entscheiden sich oft für traditionelle Berufe, was langfristige Auswirkungen auf ihr Karrierechancen und Einkommen hat. Doch wie stark prägen diese Stereotype unsere Entscheidungen wirklich?
von Thomas Stecher, dipl. Berufs- und Laufbahnberater

Seit Jahrzehnten kämpfen Frauen und Männer darum, in allen Berufen gleichberechtigt anerkannt zu werden. Dennoch zeigen Statistiken, dass traditionelle Geschlechterrollen weiterhin eine bedeutende Rolle bei der Berufswahl spielen: Jungen entscheiden sich häufiger für technische und handwerkliche Berufe, während Mädchen vermehrt in sozialen und pflegerischen Berufen anzutreffen sind. Diese Entwicklung hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Struktur.
 
Das Umfeld spielt eine grosse Rolle
Die Gründe für diese Geschlechtertrennung sind vielfältig. Einerseits spielen frühe Prägungen durch Familie, Schule und Medien eine entscheidende Rolle. Kinder erleben oft unbewusst, welche Berufe als «typisch männlich» oder «typisch weiblich» gelten. Diese Stereotype werden durch Spielzeug, Bücher und sogar durch die Sprache weiter verstärkt. Auf der anderen Seite beeinflusst auch das Umfeld die Berufswahl. Mädchen, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem Frauen in technischen Berufen erfolgreich sind, tendieren eher dazu, ebenfalls diesen Weg zu wählen. Dasselbe gilt für Jungen in sozialen Berufen. Diese Beispiele zeigen, dass Rollenvorbilder einen enormen Einfluss haben können.
 
Trennung kann teuer zu stehen kommen
Die ungleiche Verteilung der Geschlechter auf verschiedene Berufsfelder hat erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen. In Berufen, in denen überwiegend Männer tätig sind, sind die Gehälter tendenziell höher als in Berufen, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden. Dies führt langfristig zu einer Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern. Besonders betroffen sind dabei Frauen, die in schlecht bezahlten Berufen mit geringen Aufstiegschancen arbeiten. Darüber hinaus bleibt ein enormes Potenzial ungenutzt, wenn Menschen sich aufgrund von Stereotypen nicht für Berufe entscheiden, die ihren tatsächlichen Interessen und Fähigkeiten entsprechen. Eine Diversifizierung der Berufswahl könnte nicht nur individuelle Karrieren fördern, sondern auch die Innovationskraft der gesamten Wirtschaft steigern.
 
Ansätze zur Veränderung existieren
Um die Geschlechtertrennung in der Berufswahl aufzubrechen, sind verschiedene Massnahmen notwendig. Bildungseinrichtungen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Durch gezielte Förderprogramme und frühzeitige Berufsorientierung können Stereotype hinterfragt und alternative Berufsbilder aufgezeigt werden. Besonders wichtig ist dabei die Einbindung von Eltern und Lehrkräften, die oft unbewusst tradierte Rollenbilder weitergeben. Auch Unternehmen sind gefordert, aktiv zur Veränderung beizutragen: Durch transparente Gehaltsstrukturen und gezielte Förderung von Frauen in technischen Berufen sowie Männern in sozialen Berufen können sie ein Zeichen setzen. Mentoring-Programme und flexible Arbeitszeitmodelle sind weitere Mittel, um Geschlechterstereotype zu durchbrechen und die Attraktivität verschiedener Berufsfelder zu erhöhen.
 
Normen und Werte sollen sich entwickeln
Es gibt bereits zahlreiche Erfolgsbeispiele, die zeigen, dass eine geschlechtergerechte Berufswahl möglich ist. Initiativen wie «Girls’ Day» und «Boys’ Day» bieten jungen Menschen die Möglichkeit, in untypische Berufe hineinzuschnuppern und neue Perspektiven zu gewinnen. Auch erfolgreiche Kampagnen von Unternehmen und Verbänden tragen dazu bei, stereotype Berufsbilder zu hinterfragen und Vielfalt zu fördern. Langfristig ist es entscheidend, dass gesellschaftliche Normen und Werte sich weiterentwickeln. Ein Umdenken in den Köpfen der Menschen kann nur durch kontinuierliche Aufklärung und positive Beispiele erreicht werden. Wenn es gelingt, Geschlechterstereotype zu überwinden, profitieren nicht nur die Einzelnen, sondern die gesamte Gesellschaft von einem vielfältigeren und gerechteren Arbeitsmarkt

Bild: 123rf