von Tobias Unger, Leiter Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung, Trumpf Schweiz AG
Besonders in Zeiten, in denen ein Unternehmen wächst oder sich umstrukturiert, beobachtet man immer wieder die folgenden Situationen: Es entsteht ein Silodenken zwischen den Bereichen, welches langfristig das gewünschte, bereichsübergreifende Arbeiten ersetzt. «Das ist nicht meine Aufgabe, darum muss sich jemand anderes kümmern» – das ist nur eine exemplarische Aussage, die man in solchen Konstellationen häufig hört. Wenn zusätzlich Druck ausgeübt wird, entsteht bei den Mitarbeitenden eine Angst vor Fehlern, die das Fokussieren auf die Kernarbeit und das wachsende Silodenken zunehmend verstärkt. Dies führt weiter dazu, dass viele Mitarbeitende den Eindruck gewinnen, nichts «passiere» und Entscheidungen würden langsamer getroffen.
Hier kommt der Bereich Human Resources ins Spiel, welcher eine zielorientierte Lösung unterbreiten soll. Der wichtigste Schritt ist zunächst die Abstimmung eines Zielbildes, auf das man hinarbeiten muss. Die Stellhebel, um dieses zu erreichen, sind zum einen das Mindset, und zum anderen das Verhalten der Mitarbeitenden und Führungskräfte.
Um ein positives, anpackendes Mindset zu erreichen, ist ein wichtiger Ansatzpunkt, die Angst vor Fehlern Schritt für Schritt zu minimieren. Dieses Mindset muss die Führungsmannschaft eines Unternehmens vorleben. Dies allerdings ist ein langfristiger Prozess, der sich nicht nur mit einem Seminar oder Workshop in Gang setzen lässt. Vielmehr sind ständige Wiederholungen und ein nachhaltig langfristiges Programm mit vielen wiederkehrenden Massnahmen gefragt. In einer solchen Situation lässt sich ein Unternehmensmotto etablieren, welches mit verschiedenen Aktionen während des Jahres immer wieder die Verantwortungsübernahme und eine offene Fehlerkultur in den Vordergrund stellt. So soll das Kader nicht mit zusätzlichen zeitintensiven Veranstaltungen unter Zeitdruck gesetzt werden.
Die Vorbildfunktion ist ein sehr wichtiger Bestandteil eines solchen Konzepts. Die Geschäftsleitung muss vorangehen und von ihren Fehlern berichten. Eine Massnahme, die sich bewährt hat, ist der «heisse Stuhl». Dabei setzt sich ein Geschäftsleitungsmitglied vor seiner Führungsmannschaft auf einen Stuhl und berichtet offen von eigenen Fehlern aus dem privaten oder dem beruflichen Umfeld.
Das Kader darf im Anschluss an den Bericht alle Fragen an das Geschäftsleitungsmitglied stellen. Die Offenheit des Geschäftsleitungsmitglieds führt zu Diskussionen und bleibt positiv im Kopf der Kadermitglieder hängen.
Für Bereiche, in denen die Zusammenarbeit besonders stark beachtet werden muss, gibt es gezielte Austauschprogramme. Diese bietet Führungskräfte die Möglichkeit, über mehrere Tage bis zu einer Woche hin, Positionen zu tauschen (beziehungsweise bei Counterparts zu hospitieren), um eine andere Sichtweise zu bekommen. Zudem können praktisch ausgelegte Teambuilding-Massnahmen dabei unterstützen, das Verständnis im Hinblick auf Verantwortungsübernahme zu fördern.
Eine Vielfalt an theoretischen und praktischen Massnahmen kann zu einer deutlichen Verbesserung der Verantwortungsübernahme führen, da man damit einerseits das Mindset, aber auch das Verhalten langfristig in die gewünschte Richtung beeinflusst.
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