von David Lederer, Geschäftsführer beim Blauen Kreuz Graubünden
Nur wer Arbeit hat, gilt gemeinhin als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Arbeit ermöglicht ein selbstständiges und – bei guten Bedingungen – nicht zuletzt sinnerfülltes Leben. Doch nicht alle haben Arbeit. Gemäss den Erhebungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) waren Ende April dieses Jahr insgesamt 151 279 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben. Bei den 15- bis 24-Jährigen betrug die Zahl der Arbeitslosen im April 2021 in der Schweiz 14 104 Jugendliche. Die Arbeitslosenquote liegt bei gut drei Prozent. Im Vergleich zu den Vorjahren sieht man, dass die Pandemie den Schweizer Arbeitsmarkt mit einem Anstieg von Stellensuchenden geprägt hat.
Die Gründe für Arbeitslosigkeit sind unterschiedlich, teilweise aber schon pandemiegeprägt. Wirtschaftliche Einbrüche bei den Unternehmungen, Migration oder zu wenig qualifizierte Ausbildung gehören zu den Hauptursachen.
Die Erwerbslosigkeit hat Folgen. Auf staatlicher Seite sinken beispielsweise die Steuereinnahmen, die Sozialabgaben hingegen steigen. Die Betroffenen leiden unter Statusverlust und greifen erwiesenermassen öfter zu Alkohol als Berufstätige. Auch die Problematiken mit Kindern und Jugendlichen haben – laut Aussage der Kesb Nordbünden – deutlich zugenommen.
Der Weg zurück zur «Normalität» ist denn auch das Ziel jedes Erwerbslosen. Das Modell Arbeitsintegration ermöglicht erste Schritte dazu. Denn das Ziel der Arbeitsintegration ist es, die Menschen wieder fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen. Anbieter von Arbeitsintegrations-Dienstleistungen sollten deshalb so gut wie möglich mit Wirtschaftsunternehmen zusammenarbeiten. Nur so kann auch ein gemeinsames Verständnis von gelingender Integrationsarbeit entwickelt werden. «Es braucht mehr Flexibilität und Durchlässigkeit zwischen dem allgemeinen und dem ergänzenden Arbeitsmarkt», betonen Daniel Schaufelberger und Werner Riedweg von der Hochschule für Soziale Arbeit in Luzern. Integrationsarbeit ist Zusammenarbeit. Nötig dazu ist nicht nur Fachkompetenz, sondern vor allem Zeit und Raum.
Seit zwei Jahren stellt der Brockishop Thusis dieses Angebot zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Invalidenversicherung, Beistandschaften und der Gemeinde Thusis setzt man auf Arbeitsintegration, insbesondere bei jungen Menschen, die den Sprung in die Berufsbildung nicht geschafft haben. Ein dreiphasiges Arbeitstraining macht die Teilnehmenden wieder für den ersten Arbeitsmarkt vermittlungsfähig. Teilnehmende Personen mit Suchtproblemen – vor allem im Alkoholbereich – können zeitgleich vom Beratungsangebot des Blauen Kreuzes Graubünden profitieren. Gute Arbeitsintegration heisst für die Verantwortlichen der Institution, Menschen, die in schwierigem Umfeld leben, weil sie zum Beispiel unter einer Suchtkrankheit leiden, den Zugang zur Arbeit und zurück in die Selbstständigkeit zu ermöglichen. Ebenso ist es möglich, im Brockishop eine Lehre im PrA- oder EBA-Bereich zu absolvieren. Dank sozialpädagogischer Betreuung und einem geeigneten Umfeld haben Lehrlinge gute Aussichten auf einen erfolgreichen Lehrabschluss.
Bild: zVg. Blaues Kreuz