Mensch, ärgere dich! Warum Ärger wichtig ist und auch nützlich sein kann - suedostschweizjobs.ch
800 Artikel für deine Suche.

Mensch, ärgere dich! Warum Ärger wichtig ist und auch nützlich sein kann

Veröffentlicht am 18.09.2017
Mensch, ärgere dich! Warum Ärger wichtig ist und auch nützlich sein kann
Ärger ist ein ungeliebtes Gefühl. Er wird oft unterdrückt und ist mit intensiven Tabus belegt. Angestrebt wird Souveränität und Gelassenheit. Je mehr die Hirnforschung jedoch über die Funktionsweise von Menschen versteht, desto deutlicher wird, welch grosse Bedeutung die Gefühle für das Denken und Handeln haben. Aus dieser Perspektive kann auch Ärger als produktive Emotion verstanden werden. 
von Sina Bardill

Bleiben wir doch mal sachlich, heisst es, wenn in einem Konflikt Gefühle sichtbar werden. Die Forschung zeigt: Das ist gar nicht möglich – und wäre auch nicht wünschenswert. Unser Gehirn arbeitet so, dass es immer, in jedem Augenblick, viele bewusste und noch viel mehr unbewusste Informationen verarbeitet. Und die emotionale Bewertung ist so grundlegend wichtig, dass sie in jeder Sekunde mitläuft, blitzschnell: Ist das, was gerade passiert, gefährlich oder ungefährlich? Ist es angenehm oder unangenehm? An welche Erinnerungen und Erfahrungen kann es angeknüpft werden, um eine orientierende Einordnung vornehmen zu können? Es gibt deshalb – simpel gesagt – zwei Varianten, wie diese Ebene gehandhabt werden kann. A) Sie bleibt unbewusst und prägt das Denken und Verhalten oder B) sie wird bewusst gemacht und kann so gesteuert ins Denken und Handeln einfliessen.

Ärger kann krank machen
Was bedeutet das nun in Bezug aufs Ärgern? Die Emotion Ärger zeigt es deutlich: Auf den Umgang kommt es an! Ärger meldet sich zuerst auf körperlicher Ebene als Stressreaktion. Diese innere Reaktion erfolgt unwillkürlich und kann demzufolge auch nicht systematisch verhindert werden. Sie gehört zum Menschsein – alle ärgern sich, wenn auch unterschiedlich häufig und heftig. Bei manchen Menschen bricht sich die Verärgerung sofort Bahn, es lupft ihnen den Deckel, sie ticken aus. Bei anderen ist es eingefleischt, die Ärgergefühle «runterzuschlucken», den Ärger zu unterdrücken. Genau so, wie der dauernd unterdrückte Ärger zu gesundheitlichen Problemen führen kann (Anspannung, Kopfschmerz, Schlafprobleme, Zähnepressen und -knirschen usw.), schadet auch der ungesteuert ausgedrückte Ärger (Stichwort: Herz-Kreislauf und Bluthochdruck).

Wie Ärger produktiv wird
Die Alternative zu beidem ist, den Ärger wahrzunehmen und gesteuert damit umzugehen. Die Ärger-Energie weist auf wichtige Themen hin, die oft mit Grenzen zu tun haben. Läuft etwas unfair? Werden eigene Räume oder Kompetenzen beschnitten? Wird eine wichtige Perspektive übersehen oder werden Leistungen nicht gewürdigt?
Wenn deutlich wird, welches Thema hinter dem Ärgergefühl steckt, lassen sich selbst gesteuerte Strategien finden, sich für diese Anliegen starkzumachen. Selbst gesteuert bedeutet: tief durchatmen, sich einen Moment oder auch eine Nacht Zeit lassen, um sich zu beruhigen und gute Argumente zusammenzustellen. Eine passende Gelegenheit finden oder schaffen, um diese Argumente an der richtigen Stelle zu platzieren.

Ärger und Lebendigkeit sind eng miteinander verbunden. Denn unterdrückter Ärger beschneidet die Lebenskraft und reduziert auch Gefühle wie Freude und Begeisterung. Ein gut gestaltetes Ärger-Management trägt bei zum motivierten Arbeiten, zur Gesundheit und letztlich auch zur produktiven Zusammenarbeit im Team. Denn das, worauf der Ärger hinweist, ist oft wichtig zur Weiterentwicklung und Erneuerung einer Organisation.
 
Sina Bardill ist Psychologin FSP und Supervisorin/Coach BSO. Sie arbeitet seit 2003 als Beraterin in eigener Praxis in Scharans und Luzern. www.gestaltungs-raum.ch, Telefon 081 651 50 43
 
Mensch, ärgere dich!
Warum die Emotion Ärger wertvoll ist, wie sie uns hilft und wie wir sie konstruktiv nutzen können.
Der Workshop beleuchtet Ärger als Wegweiser zu nötigen Grenzziehungen. Er gibt Anregungen, wie diese ungeliebte Emotion als Signal für wichtige Abgrenzungen und Schutz vor falscher Anpassung nützlich sein kann.
 
Workshop mit Sina Bardill
Mittwoch, 15. November 2017
18 bis 20.30 Uhr in der Stein Egerta in Schaan
 
Nähere Informationen unter
www.steinegerta.li oder
Telefon +423 232 48 22

Bildlegende: Ein guter Draht zum inneren Dampfkochtopf ist wertvoll. Bild zVg