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Wer immer erreichbar ist, ist ständig gestört – und darum weniger produktiv

Veröffentlicht am 29.05.2017
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Wer kennt die Situation nicht: Man kommt frühmorgens ins Büro, ein arbeitsintensiver Tag steht bevor. Bevor man loslegt, checkt man noch den Posteingang. Die Mails stapeln sich. Kaum sind diese abgearbeitet und man will mit den wichtigen Arbeiten beginnen, kommen ständig neue Mails an, die bearbeitet werden müssen. Ein ständiges Hin und Her, das oft mit Stress verbunden ist.
von Stefanie Birrer
Eine eindrückliche Studie des King’s College London zeigt auf, dass es lohnenswert ist, sich nicht ständig durch eingehende Mails ablenken zu lassen. Die Forscher wollten herausfinden, wie leistungsfähig und konzentriert die Empfänger von hereinströmenden Mails bleiben. Drei Gruppen erhielten mittelschwere Aufgaben. Die eine Gruppe bearbeitete nebenbei Mails. Der anderen Gruppe verabreichten sie Marihuana und die dritte Gruppe blieb nüchtern und erhielt keine Mails. Wie schnitten die Gruppen bei der Bearbeitung der mittelschweren Aufgabe ab? Am besten schnitt die nüchterne Gruppe ohne Mails ab. Nun kommt das Interessante: Die Marihuana-Gruppe schnitt besser ab als die Gruppe mit Mailbearbeitung. Ständige Bearbeitung von Mails – wie es eben oft im Alltag geschieht – kostet demnach hohe Konzen-tration.
 
Unternehmen handeln
Der Konzentrationsverlust durch ständig zu bearbeitende Mails fällt zunehmend auch Firmen auf. Gewisse schulen ihr Personal im Umgang mit Mails und halten die Mitarbeitenden an, ihr Mailverhalten kritisch zu hinterfragen. Ebenso reagieren Unternehmen auf das «Nicht-mehr-abschalten-Können» der Angestellten. Denn viele bleiben beruflich auf ihren privaten Geräten auch noch am Feierabend oder gar in den Ferien erreichbar. Der Betriebsrat von Volkswagen hat ein Mail-Verbot durchgesetzt. Mitarbeitende dürfen nach 18 Uhr keine Mails mehr auf ihren privaten Geräten empfangen. Der Automobilkonzern Daimler führte das Programm «Mail on Holiday» ein. Ist ein Mitarbeiter in den Ferien, werden sämtliche eingehenden Mails gelöscht. Der Sender erhält die Meldung über die Löschung und wird gleichzeitig über die Urlaubsvertretung informiert. Sinn dahinter: Mitarbeitende sollen nicht bereits im Urlaub in Versuchung geraten, berufliche Mails zu checken oder gar zu bearbeiten. Sie sollen sich ausruhen und abschalten können. Und nach der Rückkehr aus dem Urlaub sollen sie nicht durch übervolle Posteingänge in kurzer Zeit gleich wieder gestresst und demotiviert sein.
 
Persönlicher Umgang mit Mails
Jeder kann selbst viel dazu beitragen, durch Mails weniger gestört zu werden. Wie die erwähnte Studie eindrücklich aufzeigt, bleibt die Konzentration höher, wenn der Mensch sich nicht zu oft ablenken lässt, sprich er «en bloc» an Arbeiten dranbleiben kann. Es lohnt sich daher, den Posteingang seltener zu überprüfen. Sprich das Mailprogramm beispielsweise für eine Stunde konsequent zu schliessen und die Lese- und Bearbeitungszeit einzuplanen und zu reservieren.
Für ein effizientes Mail-Management gibt es weitere Tipps: Für viele ist es schön, wenn der Posteingang regelmässig geleert wird. Ein leeres Postfach gibt ein aufgeräumtes Gefühl. Ist man nicht sicher, ob ein Mail noch aufbewahrt werden muss, lässt sich zum Beispiel ein 6-Wochen-Ordner erstellen. Hier sind Mails aufbewahrt, die man eventuell noch braucht. Nach sechs Wochen wird der Ordner gelöscht. Um den Überblick zu behalten, kann man eingehende Mails direkt über Filterfunktionen sortieren.
Ist man nicht erreichbar, kann die automatische Abwesenheitsmeldung eingesetzt werden. Diese kann den Mitarbeitenden erleichtern, denn alle wissen nun, dass er «out of order» ist. Ein kleiner Trick, der helfen kann, die Mails während der Abwesenheit nicht zu bearbeiten.
Auch privat lohnt es sich, das Smartphone oder den Laptop beiseite zu legen und die Ruhe, die sich einstellt, zu geniessen. Mehr Ruhe und weniger Verzettelung im Alltag heisst produktiver sein!
 
Stefanie Birrer ist Managing-Partnerin bei der Morgenthaler Consulting GmbH Chur sowie Psychologin MSc, Erwachsenenbildnerin SVEB-zertifiziert. www.morgenthaler-consulting.ch