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Dienstfahrt mit Privatauto: Wer haftet im Schadenfall?

Veröffentlicht am 18.06.2014
Dienstfahrt mit Privatauto - Wer haftet im Schadenfall - suedostschweizjobs.ch
Mitarbeitende sind regelmässig mit ihrem privaten Auto für geschäftliche Fahrten unterwegs. Im Schadenfall stellt sich die Frage, wer für den Schaden am eigenen Fahrzeug oder einen allfälligen Selbstbehalt bzw. Bonusverlust aufkommen muss. Um Unklarheiten und Konflikten vorzubeugen, empfiehlt es sich, bereits bei Anstellung klare Regeln für derartige Situationen zu vereinbaren.
Es ist schnell geschehen, im stockenden Stadtverkehr fährt Herr Müller ins Heck des brandneuen Sportwagens von Frau Meier und beschädigt dabei nicht nur deren Stossstange sondern auch seine eigene Fahrzeugfront.
 
Die Haftpflichtversicherung von Herr Müller begleicht die Reparaturkosten des Autos von Frau Meier. anstandslos. Da Herr Müller keine Kollisionskaskoversicherung abschloss, muss er die Reparaturkosten am eigenen Fahrzeug selbst berappen. Er fragt sich nun, ob sein Arbeitgeber für diese Kosten aufkommen muss, da sich der Unfall anlässlich einer Dienstfahrt ereignete.
 
Gemäss Art. 327a OR sind dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. Im Speziellen bestimmt Art. 327b OR, dass der Arbeitgeber die üblichen Aufwendungen für das betrieblich genutzte Privatfahrzeug in jedem Fall vergüten muss. Unter diese Betriebs- und Unterhaltskosten fallen unter anderem die Kosten für Treibstoff, übrige Betriebsstoffe, Service, Reparaturen von Abnützungsschäden (Auspuff, Bremsbeläge usw.) und die Abnützung der Reifen.
 
Die Handhabung der Abgeltung der Motorfahrzeugsteuern, Haftpflichtversicherungsprämien und einer angemessenen Entschädigung für die Abnützung des Fahrzeuges (Amortisation/Wertverminderung) belässt das Gesetz den Parteien. Regeln die Parteien nichts, so sind diese Aufwandpositionen nach Massgabe des Gebrauchs für die Arbeit ebenfalls durch den Arbeitgeber zu vergüten.
 
Beinhaltet das Kilometergeld oder ein vereinbartes Jahresfixum auch eine Entschädigung für das Unfallschadenrisiko (annäherungsweise repräsentiert durch die Prämie für eine Kollisionskaskoversicherung), so hat der Arbeitnehmende vollumfänglich für einen konkreten Schaden aufzukommen. Zur Bestimmung eines angemessenen, vollwertigen Kostenersatzes für die Benutzung eines privaten Fahrzeugs für Geschäftsfahrten kann der Kostenrechner des TCS bzw. dessen Ratgeber „Betriebskosten“ nützliche Dienste leisten.
 
Wurde das Unfallschadenrisiko nicht bereits durch den Arbeitgeber abgegolten, darf der Mitarbeiter bei einem Unfallschaden nur dann persönlich zur Kasse gebeten werden, wenn ihn am Schaden ein Verschulden trifft. Dies aus der Überlegung, dass der Arbeitnehmende bei der Benützung seines Privatwagens zu Geschäftszwecken gleich zu halten ist, wie wenn er einen Geschäftswagen verwenden würde. Art. 321e OR bestimmt in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitnehmer (nur) für den Schaden verantwortlich gemacht werden kann, den er absichtlich oder fahrlässig verursacht.
 
Die Gerichte haben Kriterien entwickelt, nach denen die Schadenbeteiligung der Arbeitnehmenden zu beurteilen ist, wenn das Unfallschadenrisiko nicht abgegolten ist. Danach kann der Arbeitnehmende, wenn ihn nur ein leichtes Verschulden trifft, höchstens bis zu einem Monatslohn; bei mittlerer Fahrlässigkeit (z.B. Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung) höchstens bis zwei Monatslöhnen; bei Grobfahrlässigkeit im Umfang von bis zu drei Monatslöhnen – in krassen Fällen und bei guten finanziellen Verhältnissen sogar mehr –, belangt werden.
 
Autor: Jon Samuel Plotke, lic. iur. / Rechtsanwalt, Geschäftsleitung swissbroke, Fachdozent der MKS AG, Kompetenzzentrum für Marketing und Management, Sargans