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HIV-positiv – souveräner und kompetenter Umgang

Veröffentlicht am 30.11.2015
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Arbeit stiftet Identität, gibt eine Alltagsstruktur und ein Auskommen. Menschen mit HIV/Aids werden im Arbeitsalltag mit zahlreichen Schwierigkeiten, Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert. Es ist ein volkswirtschaftlicher Verlust, wenn erwerbsfähige Personen wegen Vorurteilen von der Erwerbstätigkeit ausscheiden oder ausgeschlossen werden.
von Lisa Janisch
 
Rechtlich ist bei einem Anstellungsverhältnis der Diskriminierungsschutz gewährleistet. Aufgrund des Persönlichkeitsrechts darf bei einem Anstellungsgespräch auch zur Notlüge gegriffen und eine HIV-Infektion verschwiegen werden. Wenn ein HIV-Status durch Dritte offengelegt wird, kann gegen diese Datenschutzverletzung geklagt werden.
 
Versicherungsschutz ist gewährleistet
Beim Ausfüllen des Gesundheitsfragebogens für die Pensionskasse (PK) kann die HIV-Infektion verschwiegen werden, sofern der Fragebogen dem Arbeitgeber eingereicht werden muss. Um den Versicherungsschutz zu gewährleisten, ist lediglich eine nachträgliche Berichtigung gegenüber dem Versicherer notwendig. Die PK verfügt in der Regel einen Vorbehalt, der nach fünf Jahren wegfällt. Gemäss Freizügigkeitsgesetz muss die Laufzeit eines Vorbehalts im überobligatorischen Bereich der Vorsorge im Falle eines Pensionskassenwechsels von der neuen Pensionskasse voll angerechnet werden. Und zu guter Letzt kann gegen eine Kündigung im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion ebenfalls geklagt werden. Das wird als missbräuchliche Kündigung gewertet, die Kündigung gilt aber trotzdem. Der Übergang beim Arbeitsende wird jedoch etwas sanfter.
 
Schwierigkeiten bei Offenlegung
Rechtlich ist so weit alles geklärt. Viele der Probleme am Arbeitsplatz entstehen jedoch im zwischenmenschlichen Bereich. Die Lebensqualität ist bei erwerbstätigen Menschen mit HIV/Aids signifikant besser, trotzdem beurteilen 70 Prozent der betroffenen Erwerbstätigen die Offenlegung ihres HIV-Status als schädlich.
So wurde beispielsweise ein Koch, der sich seinem Team gegenüber geoutet hat, konsequent von seinen Kolleginnen und Kollegen gemieden. Dies führte zu schweren psychischen Störungen, so- dass er krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten konnte. Passiert so etwas während der Probezeit, gibt es keinen Kündigungsschutz. Ein anderes Beispiel ist ein Chauffeuer, der nach einem Therapiewechsel für längere Zeit krankgeschrieben wurde. Der Chef, der um die HIV-Infektion wusste, drohte bei weiteren krankheitsbedingten Abwesenheiten mit der Kündigung. Aus Angst vor dem Verlust der Arbeitsstelle arbeitete der Mann, obwohl er vom Arzt krankgeschrieben war. Infolge Überlastung konnte er letztendlich gar nicht mehr arbeiten.
Diese beiden Beispiele aus der Beratung zeigen, dass erkrankte Menschen einem erhöhten Druck ausgesetzt sind und ihnen der Zugang zur Arbeitswelt oftmals sehr erschwert wird.
 
Absicherung der Selbstständigkeit
Auch die selbstständige Erwerbstätigkeit beinhaltet einige Hürden. Obwohl die Lebenserwartung und Leistungsfähigkeit von HIV-positiven Menschen unter erfolgreicher Therapie nicht eingeschränkt ist, können in der Regel weder Lebensversicherungen noch Taggeldversicherungen abgeschlossen werden. Immerhin prüfen einige Versicherer abhängig vom Erfolg der Therapie individuelle Lösungen.
 
Gegen Vorurteile hilft Information
Der jährliche Welt-Aids-Tag ist ein Anlass, Bilanz zu ziehen. Medizinisch und rechtlich ist bereits viel erreicht. Leiden entsteht aber durch Mobbing, Datenschutzverletzungen und Ausgrenzung – verursacht durch Ängsten der Mitmenschen vor Ansteckung. Dagegen helfen nur sachliche Informationen und der Abbau von Vorurteilen.
 
Über die Autorin: Lisa Janisch ist Geschäftsleiterin der Aids-Hilfe Graubünden. www.aidshilfe-gr.ch, Telefon 081 252 49 00.
 
Bildlegende: Diskriminierung am Arbeitsplatz hat nur negative Folgen – für alle Beteiligten.  Bild Archiv SO